Immobilienfonds im Abwärtstrend

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Nach dramatischen Verlusten bei Immobilienfonds fragen sich Anleger, ob Sachwerte langfristig noch stabil sind

Im Gastblog erklärt Vermögensverwalter Bernhard Führer, warum der dramatische Kursrutsch bei offenen Immobilienfonds verunsichert und vor welchen Herausforderungen der Immobilienmarkt aktuell durch steigende Zinsen und den Strukturwandel im Handel und bei Büroimmobilien steht.

Offene Immobilienfonds (in der Regel liquider als geschlossene Immobilienfonds und man kann sich mit kleineren Beträgen beteiligen) galten lange als stabile und lohnende Investitionsmöglichkeit. Doch nach einem jüngsten, dramatischen Kursrutsch wächst die Unsicherheit unter den Anlegern.

Wer sich den Traum vom Eigenheim nicht erfüllen kann, suchte bislang oft in offenen Immobilienfonds eine Alternative, um von den Gewinnen des Immobilienmarktes zu profitieren. Schon mit kleineren Beträgen konnte man Anteile erwerben, wobei die Rendite aus Mieteinnahmen oder dem Wertzuwachs der Immobilien stammte.

Wie sicher ist ein Immobilienfonds noch?

Doch Ende Juni erlebte der milliardenschwere Immobilienfonds Uni Immo Wohnen ZBI einen schweren Rückschlag, als er infolge einer Sonderbewertung rund 17 Prozent seines Wertes verlor (bis dato erfolgte keine Erholung). Ein solch erheblicher Tagesverlust war laut Medienberichten seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr verzeichnet worden. Dieser Vorfall wirft die Frage auf, wie sicher diese Anlagemöglichkeit noch ist.

Herausforderungen offener Fonds

Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt stellt offene Fonds zunehmend vor Herausforderungen. Der Onlinehandel setzt dem stationären Einzelhandel schon lange zu. Handelsimmobilien lassen sich auch immer schwerer vermieten. Viele Fonds haben zudem einen großen Anteil an Büroimmobilien im Portfolio. Die Pandemie hat den Trend zum Homeoffice verstärkt, wodurch Unternehmen weniger Bürofläche benötigen, was die Preise drückt. Hinzu kommt die Zinswende: Steigende Zinsen führen zu teureren Baukrediten. Bauen wird so teurer, wie auch der Erwerb von Immobilien. Zwar hat sich Uni Immo Wohnen ZBI auf Wohnimmobilien spezialisiert, doch auch dieser Markt ist nicht unberührt von den aktuellen Entwicklungen. Der Fonds habe einen Großteil seiner Immobilien in einer sehr teuren Marktphase erworben, teils auch an problematischen Standorten. Zudem ist das Durchschnittsalter der Objekte hoch, was kostspielige energetische Sanierungen erforderlich mache.

Die Anleger des offenen Immobilienfonds LLB Semper Real Estate kamen vorübergehend nicht mehr an ihr Geld. Die liquiden Mittel des Fonds sind in den vergangenen Wochen immens geschrumpft, dass der Anbieter nicht mehr den Rückgabewünschen der Anleger nachkommen konnte. Andere Fonds kämpfen ebenfalls mit den Schwierigkeiten des Immobilienmarktes. Im Juni hat Scope die Bewertungen von elf von 21 offenen Immobilienfonds gesenkt, darunter Deka-Immobilien Metropolen, Grundbesitz Europa RC und Wertgrund Wohn Select D.

Verkaufen oder halten?

Dieser Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, denen sich der Immobiliensektor gegenübersieht. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig und wurden oben bereits aufgezeigt. Investoren, die bereits in Immobilienfonds investiert haben, stehen nun vor der Frage: Sollten sie aussteigen oder abwarten? Analysten spekulieren, dass sinkende Zinsen und steigende Immobilienpreise den Fonds wieder auf die Beine helfen könnten. Wer investiert, wettet darauf, dass der eigene Fonds nicht weiter an Wert verliert. Kleinanleger können über einen Verkauf nachdenken, besonders wenn sie das investierte Geld in den nächsten drei Jahren benötigen. Wer mehr Zeit hat, kann überlegen, potenzielle Verluste auszusitzen.

Doch der Verkauf von Fondsanteilen kann mit Hürden verbunden sein. Seit der Finanzkrise gelten für offene Immobilienfonds strengere Verkaufsregelungen, um Marktverzerrungen zu vermeiden. Für neu aufgelegte offene Immobilienfonds gilt es zu brachten, dass mit 1.1.2022 die Novelle des österreichischen Immobilien-Investmentfondsgesetzes (ImmoInvFG) in Kraft trat. Ab spätestens 1.1.2027 gelten eine Mindestbehaltedauer (zwölf Monate) und eine Rückgabefrist (zwölf Monate) für österreichische Immobilienfonds. Diese mangelnde Liquidität stellt einen weiteren Nachteil für Anleger dar.

Für wen offene Immobilienfonds geeignet sind

Bis 2022 waren Immobilienfonds eine attraktive Möglichkeit, um in einem Niedrigzinsumfeld Rendite zu erzielen. Zurzeit ist es auf mittlere Sicht lohnender, in andere Anlageformen zu investieren. Auch die beim Kauf anfallenden Gebühren und laufenden Kosten schmälern die Rendite der Fonds.

Offene Immobilienfonds können ein ergänzender Baustein innerhalb einer diversifizierten Anlagestrategie, neben sicheren Zinsanlagen und breit gestreuten Aktienfonds sein. Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass es sich um eine langfristige Investition handelt, die mit Risiken behaftet ist. Die Renditen lagen in den letzten Jahren teils erheblich unter der Inflation.

Zu kritisieren ist, dass Banken, Sparkassen und Fondsgesellschaften offene Immobilienfonds häufig als sichere Langzeitinvestition für risikoaverse Kunden anpreisen. Die jüngste Vergangenheit zeigte, dass offene Immobilienfonds definitiv nicht so sicher sind, wie sie häufig beworben wurden. (Bernhard Führer, 23.9.2024)

Bernhard Führer ist Gründer und Leiter der unabhängigen Vermögensplanungsgesellschaft Strategy & Plan sowie der Vermögensverwaltung TKA Funds, Autor, Dozent und Betriebswirt. Der Artikel erscheint ebenfalls auf seinem Corporate-Blog “Daily Economist”.

Quellen

Union-Investment-Chef zu Immobilienfonds – “Tut mir leid”

Mindesthaltedauer soll Immobilienfonds sicherer und planbarer machen

Offene Immobilienfonds: Zwischen Hoffen und Bangen

Immobilienfonds Wohnen ZBI – immer mehr Fragen um plötzlichen Kursrutsch, 16. September 2024

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