Spareinlagen und Barmittel sind selbst bei Untergangsszenarien nicht sicher

| January 24, 2022|Categories: Finanzmärkte, Geldanlage, Sparen|

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Die Gründerväter der USA meinten es gut mit ihren Bürgern, als sie das Streben nach Glück in ihren Grundrechten verankerten. Dennoch beruht dieser Anspruch auf einem Trugschluss, da sich immer wieder zeigt, dass die Jagd nach dem Glück auch ins Unglück führen kann. Selbiges gilt für Anleger, welche aufgrund niedrigerer Zinsen und Renditen auf der Jagd nach vermeintlich höheren Renditen sind und sich von Crash-Propheten und Untergangsszenarien „verführen“ lassen.

Prognosen und Vorhersagen gelingen den wenigsten

Vor nicht allzu langer Zeit, fragte mich einer meiner Klienten, ob es riskant sei, an den Finanzmärkten und Börsen zu investieren und Spareinlagen und Barmitteln nicht die sichere Alternative seien. Dies vor dem Hintergrund von Skandalen wie Wirecard oder Wienwert.

Barmittel in seinem Portfolio zu haben, wird von vielen als sicher betrachtet, jedoch zeigt sich immer wieder, dass diese gar nicht so sicher sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Ganz im Gegenteil können Barmittel höheren Risiken ausgesetzt sein als Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Rohstoffe. Verstehen Sie mich nicht falsch, es spricht überhaupt nichts dagegen, Barmittel als kurzfristige Reserven bei der Hand zu haben. Jedoch sollten diese nicht als langfristige Anlageform im Portfolio gehalten werden. Viele Anleger und Investoren halten Barmittel in ihren Portfolios, weil sie denken „die Märkte brechen ein“ oder „es erfolgt eine Kurskorrektur an den Börsen“. Dies sind jedoch nichts anderes als Market-Timing-Strategien (sprich Prognosen bzw. Vorhersagen), welche zu unterdurchschnittlichen Resultaten für die Anleger führen.

Market-Timing in der Praxis

Häufig folgen Anleger Crash-Propheten, welche vor einem Einbruch an den Aktienmärkten oder des gesamten Systems warnen. Ratsam ist es, dass Anleger diese Stimmen ignorieren und geduldig in die richtigen Anlageklassen investieren. Anleger sollten nicht der Versuchung erliegen, den Markt vorherzusagen bzw. „timen zu können“ oder zu glauben, dass diese Crash-Propheten dies könnten. Das gelingt den wenigsten, jedoch stellen viele Autoren, Investmentmanager, Börsengurus, vermeintliche Experten oder Ökonomen im deutschsprachigen Raum Prognosen und Vorhersagen an.

Market-Timing bedeutet, dass sich Investmentmanager, Autoren, Börsengurus, vermeintliche Experten oder Ökonomen vor allem an den zeitlichen Abfolgen der Geschehnisse orientieren. Häufig geht das mit Prognosen einher – die zumeist falsch sind. Es kann sich aber auch um „angepriesene“ Strategien von Fonds handeln, welche wissen zu welchem Zeitpunkt der Markt „dreht“. Aufgrund von Market-Timing ist man manchmal in den Finanzmärkten investiert und manchmal nicht. Wenn man gerade nicht investiert ist, solle man laut diesen vermeintlichen Experten Barmittel aufbauen. Häufig liest man dann „Cash is King“. Das Halten von Barmitteln über einen längeren Zeitraum garantiert Ihnen jedoch den Verlust Ihrer Kaufkraft. Wenn Sie von Ihrer Bank 0,5 Prozent an Zinsen bekommen, mögen Sie sich vielleicht besser fühlen. Tatsächlich können Sie mit den jährlichen Preissteigerungen von Dingen des täglichen Gebrauchs nicht mithalten. Sie mögen sich in Sicherheit wiegen, letztendlich haben Sie jedoch unbemerkt etwas von Ihren Vermögenswerten abgeben müssen.

Manche Anleger und Investoren möchten Vorkehrungen für Kurseinbrüche treffen und steigen aus den Finanzmärkten aus, wenn sie glauben, dass es zu Kursrückgängen kommt oder Crash-Propheten dies prognostizieren. Oder sie kaufen viele Aktien, wenn sie glauben, dass eine Erholung an den Finanzmärkten bevorsteht. Populäre Autoren in Deutschland, Österreich oder der Schweiz mögen Ihnen weismachen, dass dies möglich ist. Sie reden von „bestimmten Anzeichen oder Indikatoren“ oder „Seismografen auf die man in den nächsten Monaten oder Jahren achten muss“ oder „dass man aufgrund von schlechten Wirtschaftsdaten besser verkaufen sollte“. Die Wahrheit ist aber, dass man damit seinen Vermögenswerten und Veranlagungen wenig Freude bereitet. Market-Timing funktioniert nämlich nicht. Die Finanz- und Kapitalmärkte bestehen aus Millionen von Anlegern und Investoren. Diese haben alle die unterschiedlichsten Risikoprofile, Motivationen, Zielsetzungen und Zeithorizonte. Deshalb gibt es nicht lediglich einen Grund oder den einen Bericht, der die jeweilige Marktkorrektur oder den Abschwung an den Börsen verursacht hat oder noch verursachen wird.

Wenngleich es Ihnen noch so viele namhafte und vermeintliche Experten glaubhaft machen wollen, werden Sie durch solch ein Vorgehen schlechtere Resultate erzielen. Aber auch, wenn jemand glaubt er kann den Zeitpunkt von Krisen, Kursstürzen oder Börseneinbrüchen erahnen (und ja, früher oder später kommt es immer zu Krisen an den Börsen; im Durchschnitt alle vier bis acht Jahre) tut dies überhaupt nichts zur Sache und ist auch nicht von Nutzen für Sie. Selbst wenn Sie schon Jahre vorher wissen würden, wann es zu einem Börsenkrach kommen wird (vermeintliche „Experten“ publizieren meist Jahre vor Börsenkrisen Bücher), müssten Sie Ihre Aktien und anderen Wertpapiere verkaufen und Sie würden nicht an den (bis zur Krise) folgenden Kurssteigerungen und ausbezahlten Dividenden teilhaben. Sie müssten exakt wissen, wann Sie aus den Aktienmärkten aussteigen, wann Sie wieder einsteigen und das in der Folge immer wieder tun. Ich kenne niemanden, der solche Fähigkeiten besitzt. Auch wenn das immer wieder behauptet wird und viele Experten (Ökonomen, Gurus, Kommentatoren) herumlaufen und glauben, dass sie es sind, die das könnten.

Es stimmt, dass es im geschichtlichen Verlauf Phasen gab, in denen es Jahrzehnte dauerte bis Aktien wieder ihre Einstandskurse erreichten (vorausgesetzt, dass Sie gerade zum Höchststand gekauft haben). Aber genau deshalb Geduld, Beharrlichkeit und die richtigen Anlage-Prinzipien so wichtig: Langfristiges Investieren, Risikostreuung bzw. Diversifizierung (Senkung des Risikos durch Hinzunahme unterschiedlicher Vermögensklassen – Investition nicht nur in Aktien), Rebalancing (günstiges Nachkaufen, durch Umschichten der Anlageklassen) und das Verhalten der Anleger und Investoren. Der letzte Punkt (Verhalten) ist der meist unterschätzte, da es bei jeder Strategie wichtig ist, sowohl das eigene Verhalten als auch das der übrigen Teilnehmer an den Finanz- und Kapitalmärkten zu verstehen und sich nicht von Angst und Gier leiten zu lassen.

Ein Blick nach vorne

Langfristig ist zu erwarten, dass die Zinsen tief am Boden bleiben und Spareinlagen und die Renditen von sicheren Anleihen über einen langen Zeithorizont negative Renditen erbringen werden. Bei einer derzeitigen Inflation von knapp 3% beträgt der Verlust über 6 Milliarden Euro für die österreichischen Sparerinnen und Sparer. Die Anlageklasse der Aktien kann für das Ziel, den Wert des Vermögens gut zu erhalten und zu vermehren, eine wegweisende Rolle einnehmen. Blicken Anleger und Investoren auf die steigenden Gewinne nationaler als auch internationaler Unternehmen und auf die niedrigen Renditeerwartungen anderer Anlageklassen wie Anleihen, so sind diese keineswegs überbewertet und stellen die sichere Alternative zu Spareinlagen dar, welche derzeit reale negative Renditen erbringen.

Darüber hinaus stellen kurzfristige Spareinlagen keine geeignete Anlageform dar, weil diese über die Zeit hinweg die schlechtesten Renditen im Vergleich zu allen anderen Vermögensklassen erbrachten. Dies hat zur Folge, dass mit dieser Veranlagungsform selbst die Inflation (die jährliche Wertsteigerung eines „Warenkorbs“ − auch „Geldentwertung“) nicht übertroffen werden konnte und daraus reale Vermögensverluste für Anleger und Investoren resultieren.

Als weiterer Punkt, warum Barmittel häufig gehalten werden, kann angeführt werden, dass diese ein trügerisches Gefühl der Sicherheit vermitteln. Anleger und Investoren waren zum Teil von den großen Kurseinbrüchen im Jahr 2007/08 so geschockt, dass sie einen Großteil ihrer Bestände verkauften und so liquide Mittel anhäuften. Gerade zum falschen Zeitpunkt als die Börsen günstig bewertet waren (aufgrund von Verhaltensweisen wie Angst und Gier). Aber nicht nur in Krisen werden Barmittel angehäuft. Es zeigt sich, dass auch fernab von Kurseinbrüchen im deutschsprachigen Raum Spareinlagen im hohen zweistelligen Bereich angesiedelt sind. Dabei wird von vielen Menschen nicht beachtet, dass selbst beim „Einbruch des gesamten Systems“ (wie es viele Schwarzseher und Cash-Propheten gelegentlich von sich geben) auch Barmittel keine sichere Anlageform darstellen. Dies deshalb, da damit strukturelle Umbrüche einhergehen würden, welche u.a. zur Folge hätten, dass steuerliche Forderungen keineswegs bedient und selbst die „sichersten“ Staatsanleihen nicht mehr zurückbezahlt werden könnten. Über einen längeren Zeitraum liquide Mittel in zu halten, ist folglich als Fehler zu bewerten.

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