| September 27, 2024|Categories: Uncategorized|

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Die Suche nach Sinn und Erfüllung im späten Berufsleben: Warum viele Menschen über das Pensionsalter hinaus beruflich aktiv bleiben

In einer Gesellschaft, die zunehmend von demografischem Wandel und sich verändernden Arbeitsrealitäten geprägt ist, stehen viele Menschen an der Schwelle zum Ruhestand vor einer bedeutsamen Entscheidung: Sollen sie ihre berufliche Laufbahn beenden oder weiterarbeiten? Diese Frage geht weit über finanzielle Aspekte hinaus und berührt fundamentale Themen wie persönliche Identität, soziale Einbindung und Lebenssinn.

Die Zahlen hinter dem Phänomen

Statistische Daten zeigen ein interessantes Bild: Während für männliche Versicherte das vollendete 65. Lebensjahr als Regelpensionsalter gilt, wird mit Stichtag 1. Jänner 2024 das Pensionsantrittsalter von Frauen, vom bisher 60. Lebensjahr um jeweils sechs Monate pro Jahr bis zum Jahr 2033 (65. Lebensjahr) angehoben. Das tatsächliche durchschnittliche Pensionsantrittsalter liegt bei Frauen bei 60,1 Jahren und bei Männern bei 62,1 Jahren. Bei Alterspensionen beträgt die Differenz sogar 2,6 Jahre (Frauen: 60,7 Jahre, Männer: 63,3 Jahre). Trotz dieser relativ frühen Ruhestandseintritte arbeiten viele Menschen über das offizielle Rentenalter hinaus. Von den etwa 1,9 Millionen Beziehern einer Alterspension haben rund 56.000 einen Verdienst über der Geringfügigkeitsgrenze. Inklusive Beamte erhöht sich diese Zahl auf 60.000. Diese Zahlen werfen eine zentrale Frage auf: Was treibt Menschen dazu an, auch im Rentenalter weiter erwerbstätig zu sein?

  • Das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit und Produktivität: Viele Menschen definieren sich stark über ihre berufliche Tätigkeit. Die Arbeit gibt ihnen das Gefühl, gebraucht zu werden und einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Die Freude an der täglichen Arbeit, der Kontakt mit Kunden und das Gefühl der Produktivität kann einem Menschen eine starke Motivation sein, auch im Rentenalter weiterzuarbeiten.
  • Strukturierung des Alltags und soziale Kontakte: Der Übergang in den Ruhestand kann für viele Menschen eine Herausforderung darstellen, da plötzlich die gewohnte Tagesstruktur und regelmäßige soziale Kontakte wegfallen. Die Weiterarbeit bietet hier eine Möglichkeit, den Alltag zu strukturieren und sozial eingebunden zu bleiben.
  • Finanzielle Aspekte: Die Vermögensverteilung in Österreich ist höchst unterschiedlich. Während viele Menschen aufgrund von Altersarmut gezwungen sind, weiterzuarbeiten, so kann es auch sein, dass Menschen ausreichend für den Ruhestand vorgesorgt haben, jedoch die zusätzliche finanzielle Sicherheit durch ein weiteres Einkommen ein Motiv ist, länger zu arbeiten. Dies ermöglicht oft einen höheren Lebensstandard oder die Verwirklichung lang gehegter Träume.
  • Persönliche Weiterentwicklung und lebenslanges Lernen: Für manche Menschen bietet die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit, sich weiterhin persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. In einer sich schnell wandelnden Welt kann dies ein Weg sein, geistig fit und am Puls der Zeit zu bleiben.

Die Herausforderung: Balance finden

Die Entscheidung, im Rentenalter weiterzuarbeiten, sollte wohlüberlegt sein. Es gilt, eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu finden. Hier einige Überlegungen:

  • Flexible Arbeitsmodelle: Teilzeitarbeit oder projektbezogene Tätigkeiten können eine gute Möglichkeit sein, weiterhin aktiv zu bleiben, ohne den gesamten Alltag der Arbeit zu widmen.
  • Entwicklung neuer Interessen: Es ist wichtig, auch außerhalb der Arbeit erfüllende Aktivitäten zu finden. Die Wiederentdeckung alter Hobbys oder die Entwicklung neuer Interessen kann dabei helfen, einen ausgewogenen Lebensstil zu pflegen.
  • Reflexion über persönliche Ziele: In der Geschichte vom Geschäftsmann und dem Fischer rät ein Geschäftsmann einem Fischer, härter zu arbeiten, um mehr Reichtum zu erlangen. Der Fischer hingegen ist mit seinem Leben zufrieden, er verbringt seine Zeit damit, mit Familie und Freunden Musik zu hören und Wein zu trinken – genau das, wozu ihm der Geschäftsmann rät, sobald er reich genug ist. Diese Geschichte zeigt, dass wahre Zufriedenheit nicht immer durch mehr Arbeit oder Reichtum erreicht wird, sondern durch die Fähigkeit, den gegenwärtigen Moment zu genießen und mit dem, was man hat, zufrieden zu sein. Die Geschichte lehrt uns, innezuhalten und zu reflektieren, was wirklich wichtig ist. Es geht darum, “genug” zu definieren – nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch in Bezug auf persönliche Erfüllung und Lebensqualität.

Eine individuelle Entscheidung

Die Frage, ob man in den Ruhestand gehen oder weiterarbeiten sollte, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie hängt von individuellen Faktoren wie persönlichen Werten, finanzieller Situation, Gesundheitszustand und Lebensentwürfen ab. Wichtig ist, dass die Entscheidung bewusst getroffen wird und im Einklang mit den eigenen Bedürfnissen und Zielen steht. Ob man, wie der Fischer aus der obigen Geschichte, den Ruhestand in vollen Zügen genießt oder Erfüllung in der fortgesetzten Arbeit findet – entscheidend ist, dass man seinen eigenen Weg zur persönlichen Zufriedenheit und einem erfüllten Leben im Alter findet. Der Übergang in den Ruhestand sollte als Chance begriffen werden, das eigene Leben neu zu gestalten und sich auf die Dinge zu konzentrieren, die einem wirklich am Herzen liegen. (Bernhard Führer, 11.9.2024)

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